Was hinter dem Verkauf von Motiondata Vector steckt

An der Veräußerung eines Unternehmens ist eigentlich nichts Ungewöhnliches. Anders bei dem österreichischen Softwareunternehmen Motiondata Vector, das kürzlich von Denzel an Volaris ging. Geschäftsführer Mario Pichler über die Hintergründe.

© Motiondata Vector, Volaris
Das österreichische Softwareunternehmen hat mit der Volaris Group den richtigen Partner für die Zukunft gefunden.

Es ist eine einfache Rechnung: eins plus eins macht zwei, minus eins plus eins, ist immer noch zwei. Nur eben anders. Und genau das war die Rechnung beim Verkauf der Motiondata Vector GmbH. Über die Verkaufssumme wird geschwiegen. Fest steht allerdings, das österreichische Softwareunternehmen hat mit der Volaris Group den richtigen Partner für die Zukunft gefunden. Begleitet wurde der Verkauf vom österreichischen Beratungsunternehmen Deloitte. Als der Verkauf bekannt wurde, hielt die Branche mal kurz den Atem an. Ist Covid-19 daran schuld? Geht es dem Unternehmen Motiondata Vector wirtschaftlich schlecht? Reed hat im Interview die Hintergründe für den Verkauf herausgefunden. 

Reed Exhibitions: Herr Pichler, was verbindet die drei Unternehmen Motiondata Vector, Denzel Gruppe und Volaris Group noch?

Mario Pichler: Motiondata Vector wurde per 1. Oktober 2020 von der Denzel Gruppe an das kanadische Softwareunternehmen Volaris Group verkauft. Damit verbindet Motiondata Vector mit Denzel nun eine intensive Geschäftsbeziehung ohne Eigentumsverhältnisse. Beweggrund dafür war, einerseits eine verstärkte Konzentration auf das Kerngeschäft bei Denzel und andererseits attraktive Entwicklungsmöglichkeiten bei Motiondata Vector unter einem neuen Dach.

Motiondata Vector war bisher in der Hand der Denzel Gruppe. Was hat sich an der Eigentümerstruktur verändert? Wer hält nun die Mehrheit der Anteile?

Pichler: Wir waren seit 1994 eine 100-Prozent-Tochter der Denzel Gruppe. Und genau das hat sich nun auch verändert. Mit Anfang Oktober wurde der vollständige Verkauf an Volaris mit Sitz in Toronto, Kanada, abgeschlossen. Vom Verkauf sind daher die Unternehmen Motiondata Vector Software GmbH, Motiondata Vector Schweiz GmbH sowie Motiondata Vector Deutschland GmbH betroffen. 

Ihr Unternehmen versteht sich als Anbieter für Softwareprodukte im Automobilimport und –handel. Sie haben sich auf Dealer-Managementsysteme spezialisiert. Was kann dieses?

Pichler: Einfach erklärt? Es ist ein ERP-System, um Aufträge oder Rechnungen zu erstellen, die Arbeitszeit zu erfassen, Lagerverwaltung zu betreiben oder auch zur Werkstattplanung und Reifendepotverwaltung. Die Software ist natürlich wesentlich komplexer und umfangreicher. 

© Motiondata Vector
Mit 1. Oktober 2020 hat Mario Pichler die Geschäftsführung der MOTIONDATA VECTOR Gruppe von seinem Vater, Josef Pichler, übernommen.

© Motiondata Vector
Motiondata Vector bietet verschiedene App-Lösungen an. Terminvereinbarungen mit der Werkstätte oder Probefahrten lassen sich so einfach über die Mobil-App buchen. 

Also alles, was ein Automobilunternehmen, sei es nun Werkstätte oder Handel, benötigt? Hersteller setzen hier gerne auf eigene Softwareprodukte. Welche Marken decken Sie mit Ihrer Softwarelösung ab?

Pichler: Wir haben eine sehr breite Markenabdeckung und decken alle Marken bis auf die VW Gruppe ab. Diese hat ja bekanntlich ein eigenes System in Österreich. 

Schön und gut, Autohäuser brauchen aber meist mehrere, verschiedene Produkte.

Pichler: Richtig, und hier kommt Motiondata Vector abermals ins Spiel. Mit dem Sales Manager haben wir auch ein CRM und eine Börsenverteilungsplattform sowie Apps und Onlinelösungen integriert. Kunden haben den Vorteil nur einmal Daten einzugeben und profitieren dann von der Integration all unserer Add-on-Lösungen in das Dealer Management System. 

In Ihrem Produktportfolio gibt es auch eine App. Wozu?

Pichler: Es gibt verschiedene App-Lösungen. Autohäuser können sich mittels einer App präsentieren, der Kunde kann darüber auch Werkstatttermine direkt vereinbaren. 

Die Denzel Gruppe ist ja keine Unbekannte in Österreich. Wie kam es dann aber zum Verkauf an Volaris?

Pichler: Eigentümer bzw. Muttergesellschaften möchten ja auch das Beste für Ihre Unternehmen. In Gesprächen mit Volaris hat sich gezeigt, dass deren Ansätze und Strategien mit unseren Visionen übereinstimmen. Volaris ist ein Experte im IT-Segment, während Denzel Expertise im Automobilbereich mitbringt. 

War die Covid-19-Pandemie mit ein Grund für den Verkauf?

Pichler: Das Thema hat sicher hineingespielt, aber es war nicht Grund für den Verkauf. Denzel möchte sich zukünftig noch stärker auf sein Kerngeschäft fokussieren, den Autohandel. Die Kernkompetenz von Motiondata Vector hingegen ist die Software. Es war daher eine logische, rationale Entscheidung. Volaris ist der richtige Partner für unsere zukünftige Entwicklung im Bereich Softwareprodukte. 

Wie wirkt der neue Eigentümer Volaris nun auf Ihr Unternehmen ein? Gibt das kanadische Unternehmen den Österreichern die Richtung vor?

Pichler: Hier wird es interessant, denn Volaris ist ein Unternehmen der Constellation Software Inc. (CSI), welche wiederum an der Toronto Börse notiert ist. CSI investiert in Unternehmen, die eine sehr gute Stellung in ihrem Markt hat. Motiondata Vector ist dabei eines von 500 Unternehmen. Man lässt uns aber freie Hand. 

Es geht demnach vorrangig um den Wissenstransfer?

Pichler: Ja, es geht um das Know-how, wie das IT-Geschäft funktioniert. Unsere Mitarbeiter profitieren enorm davon. Die „Shared-Menatlität“ ist stark ausgeprägt. Eine gemeinsame Volaris-Plattform ist einer der Erfolgsfaktoren der Unternehmensgruppe. 

Thema Mitarbeiter: Wie ist es Ihrem Unternehmen in der Coronakrise ergangen?

Pichler: Vereinzelt wurden Projekte natürlich verschoben. Kurzarbeit hat auch unsere Mitarbeiter betroffen, aber wir mussten keine Kündigungen aussprechen. 

© Motiondata Vector
Eine App-Lösung wird stets aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet: aus der Sicht des Mitarbeiters im Autohaus und aus der Sicht des Kunden des Autohauses. Der App-Anwender darf von der Komplexität der Software nichts mitbekommen. 

Wir wünschen uns alle, dass es wieder bergauf geht und die Krise rasch überwunden ist. Ihre Mitarbeiter arbeiten an diversen Projekten. Worauf können wir uns demnächst freuen?

Pichler: Wir investieren viel in den „Sales Manager“, ein CRM-Tool. Erst kürzlich wurde eine neue Version gelaunched. In diese Richtung entwickeln wir natürlich weiter. Neu am Markt ist nun ein „Online Testdrive-Booking“. Das Autohaus kann dieses auf seiner bestehenden Website integrieren und Interessenten können so einfach Probefahrten buchen. 

Für den Kunden ein weiteres Komfortangebot. Was im Frontend einfach aussieht, ist im Backend umso komplexer.

Pichler: Richtig, der Anwender darf von der Komplexität nichts mitbekommen. Deshalb müssen wir bei der Entwicklung des Endprodukts aus zwei Blickwinkeln betrachten. Nämlich einerseits aus der Sicht des Mitarbeiters im Autohaus und andererseits aus der Sicht des Kunden des Autohauses.

Stichwort Komplexität: Wie beschreiten Sie den Weg der Digitalisierung?

Pichler: Wir versuchen, gemeinsam mit unseren Kunden Prozesse zu optimieren. In den Unternehmen sind schon viele Daten vorhanden, diese sollen nun aber auch einen Mehrwert generieren. 

Ein guter Punkt und stets ein heikles Thema, die Daten…

Pichler: …gehören dem Kunden. Ein Großteil unserer Kunden betreibt ihre eigene Infrastruktur. Wir sammeln keine Daten unserer Kunden. 

Eine persönliche Frage zum Schluss: Was möchten Sie Ihren Branchenkollegen mitgeben?

Pichler: Ein großes Anliegen ist mir, sich damit zu beschäftigen, wie der Kunde von heute und morgen agiert. Unabhängig von der Infrastruktur, ob Stadt oder Land. Unerlässlich ist ein solider Webauftritt. Der Kunde wird immer digitaler. Er wird affiner im Umgang mit Smartphones und Apps, er möchte diesen Komfort. Dabei ist das erst der Einstieg in eine digitale Welt. 

Danke für das Gespräch!

 

Das Interview führte Jasmin Ladinig, Teamlead Content Management bei Reed Exhibitions Österreich.